Uwe Lobbedey 1937–2021. Grenzgänger zwischen Archäologie und Bauforschung

Ein Nachruf von Michael M. Rind und Vera Brieske.

Am 5. Januar 2021 starb Prof. Dr. Uwe Lobbedey im Alter von 83 Jahren nach schwerer Krankheit. Mit ihm verliert die Fachwelt einen herausragenden Experten, dessen Forschungen zu romanischen Sakralbauten in Westfalen und Niedersachsen grundlegend sind.

Der am 28. Juni 1937 in Berlin geborene Kunsthistoriker und Mittelalter-Archäologe studierte zwischen 1956 und 1963 in Hamburg und Freiburg Kunstgeschichte, Geschichte, Klassische Archäologie, Lateinische Philologie und Ur- und Frühgeschichte. Dieses breite wissenschaftliche Spektrum und seine Grabungserfahrungen in Baden-Württemberg unter der Leitung des Bau- und Kunsthistorikers Günter Fehring, einem Pionier der Mittelalterarchäologie, legte die Basis für sein späteres Berufsleben als gefragter Experte archäologischer Bauforschung. 1963 erfolgte die Promotion in Kunstgeschichte in Hamburg mit der Arbeit „Untersuchungen zur mittelalterlichen Keramik in Südwestdeutschland“, ein Thema, das man heute eher im Fachbereich Archäologie ansiedeln würde. Nach einem Volontariat beim Landeskonservator Rheinland in Bonn war er von 1965 bis 1980 beim Westfälischen Amt für Denkmalpflege angestellt, wo er das Referat für archäologische Bauforschung aufbaute. 1981 wurde er Hauptkonservator am Westfälischen Amt für Bodendenkmalpflege und war dort bis zu seiner Pensionierung 2002 tätig. Darüber hinaus war er von 1981 bis 1985 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sonderforschungsbereich 7 „Mittelalterforschung“ an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Bereits von 1975 bis 1977 und ab 1993 nahm er Lehraufträge am dortigen Institut für Kunstgeschichte wahr und betreute bis zuletzt Dissertationsvorhaben. 1997 wurde er für seine wissenschaftlichen Verdienste im Bereich der mittelalterlichen Architektur und der archäologischen Bauforschung sowie für seine Lehrtätigkeit zum Honorarprofessor ernannt.

Zu seinen wichtigsten Grabungen zählen die Untersuchungen an bzw. in den Sakralbauten von Corvey, Enger, Herford, Meschede, Freckenhorst, Paderborn und Nottuln sowie in der Bergbauwüstung Altenberg im Siegerland. Er hinterlässt eine beeindruckende Zahl an Publikationen, besonders genannt seien die Veröffentlichung zu den Ausgrabungen im Dom zu Paderborn (erschienen 1986), die Dokumentation zum Baubestand und zur Baugeschichte des Doms zu Münster (erschienen 1993) und die Auswertung der Ausgrabungen im Dom zu Osnabrück (erschienen 2016). Seine umfassende Publikation „Romanik in Westfalen“ (erschienen 1999) ist ein wichtiges Standardwerk geworden. Unvollendet bleiben nun seine bis zuletzt intensiv verfolgten Studien zum Damenstift Herford und zur Baugeschichte des Westwerks der Corveyer Abteikirche, die ihm besonders am Herzen lag.

Für sein wissenschaftliches Lebenswerk wurde ihm 2002 der Gallitzin-Preis verliehen. Er war seit 1973 Mitglied der Historischen Kommission für Westfalen und seit 1976 der Altertumskommission für Westfalen. Uwe Lobbedey war ein unermüdlicher Forscher, der Standards in der archäologischen Bauforschung setzte und wesentlich an der Entwicklung und Etablierung der Mittelalterarchäologie als wissenschaftliche Disziplin in Deutschland beteiligt war. Studierende, Kolleginnen und Kollegen profitieren bis heute von seinen bahnbrechenden Forschungen. Vielen sind seine fachkundigen und informationsreichen Vorträge und Führungen in Corvey und andernorts lebhaft in Erinnerung. Er wird unvergessen bleiben.